Lippe Detmold 2000 Jahre später

 

rudolf

 

Wir schreiben den 01.September 1967

 

Die deutsche Landwirtschaft erlebt ihre erste große Strukturkrise nach dem Kriege. Wachsen oder weichen heißt nun die Devise und Krome entscheidet sich für das Letztere.

Rudolf Krome zählt zu den vielen Jungbauern, die ihre heimische Scholle verlassen.

 

Tief gefrustet steht er vor den Toren von Windmöller. Besser bekannt als sogenannte „Klemmenbude“. Sie zählt ausnahmsweise nicht zu den vielen, traditionellen Möbelherstellern im waldreichen Lippe.

Hier fertigt man sogenannte Verbindungselemente für die Elektrotechnik. Für Lipper ein völlig unbekanntes Terrain. Allerdings gilt das junge Unternehmen schon damals als 1. Adresse auf dem Arbeitsmarkt. Sein Gründer, ein Sudentendeutscher Fabrikant für Kurzwaren führt es kriegsbedingte aus dem Sudetenland nach Lippe. Zusammen mit seinem ehemaligen Kriegskameraden, einem Elektroingenieur aus dem Hause Siemens, legt er den Grundstein für das nun aufstrebende Unternehmen in einem Vorort von Detmold. Dieser Rhöndorfer Spezialist verfügt über sehr innovative Reichspatente, die nun eine wichtige Vorraussetzung für einen begehrten Artikel der Elektroindustrie für die globalisierte Welt wird und so entwickeln sich die Dermolder und werden Marktführer in Sachen elektrischer Verbindungselemente.

1967 allerdings ist wieder einmal ein konjunkturschwaches Jahr und in diesen prekären Perioden ist der Arbeitsmarkt stets unattraktiv. Ohne das das berühmte „Vitamin B“ ist eine normale Bewerbung also fast aussichtslos. Das weis auch Krome.

 

Noch einmal Glück gehabt denkt denkt er, als die Tür aufgeht und ein dynamischer Mann in einem auffällig weißen Kittel und einer knallroten Fliege plötzlich vor ihm steht.

 

Müller mein Name, guten Tag Herr Krome herzlich Willkommen.

Sie stehen das erste Mal vor einander. Man hat dem Herrn Betriebsleiter und Geschäftsführer anscheindend lediglich einen neuen Personalzugang angekündigt.

Krome aber stockt der Atem. Wie weggeblasen ist sein bäuerliches Selbstbewusstsein. Was für ein mächtiger Mann wird das wohl sein, durchzuckt es ihn.

Müller´s Problen ist schlimmer, was machen mit diesem Bauern hier in einem High-Techladen? Wenn er wenigstens Büchsenmacher wäre, denkt er sicherlich. Davon gibt´s bereits einige tüchtige Männer im Werkzeugbau, die zumeist wie der Alte selbst, ebenfalls aus dem Osten kommen.

Nun es hilft wohl nichts und sogleich ruft er nach einem weiteren „Alphamann“:

„Herr Westenholz, zeigen Sie diesem Herrn hier mal den Betrieb. „Wir werden auch aus ihm einen Werkzeugmacher machen müssen“, sagt er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. „Werkzeugmacher sind die Könige der Metallverarbeiter“ fügt er noch hinzu, danach steht dem jungen Mann die Welt offen“ und dann wird er wohl auch alleine weiter kommen können.

 

Krome ist eingestellt.

Personalnummer 294, Lohngruppe 7, Stundenlohn 4,48 DM und AOK versichert! Was für ein König….., denkt Krome. Nun ja, es soll schließlich nur für eine kurze Zeit sein. Der Traum wenn möglich wieder Bauer zu werden, gibt er so schnell nicht auf.

Allerdings, es kam anders.

 

Sein jetziges Unternehmen erfreut sich weltweit eines dynamischen Wachstums und längst geht die Sonne bei Weidmüller´s nicht mehr unter. Der damalige Mangel an qualifizierten Fach- und Führungskräften geben ihm innerbetriebliche Aus- und Weiterbildungs- und parallel Aufstiegsmöglichkeiten.

So gelangt er relativ schnell und ohne Studium auf die „Teppichetage“ einer, ebenfalls dynamisch wachsenden Verwaltung. Unterschiedliche Ingenieursaufgaben in fast allen technischen Abteilungen erwarten ihn. In Konstruktion, Betriebsmittelbau, Fertigung, Montage Instandhaltung. Servicebetrieben und Logistikabteilungen.

 

Sein beruflicher Werdegang bekommt jedoch eine unerwartete Wende, als für den redaktionellen Teil der Firmenzeitung ein ehrenamtlicher Fotograf gesucht wird. Der hauptamtliche Fotograf hat gekündigt und kehrt in seine türkische Heimat zurück. Die Stelle wird gestrichen und einer professionellen Agentur übergeben. Benötigt wird lediglich ein Amateur, der sich im Unternehmen gut auskennt und die Aktuellen Anlässe des Unternehmens für die Presse und internen Medien festhält. Der Firmenchef kennt Kromes Leidenschaft als begeisterten Hobbyfotograf und drückt ihm sogleich alle Vollmachten für die Finanzierung einer Kamera der Extraklasse in die Hand.

Die anfängliche Begeisterung über das plötzliche Luxusmodell schlägt jedoch schnell in Skepsis um.

Es wird ihm bewusst, die große Karriere ist damit wohl „im Eimer“. So ein Hoffotograf kommt zwar sehr viel herum und auch auf Reisen gehen. Stört jedoch seine Kernfunktionen gewaltig und hat zudem keinen Prestigewert. Ganz im Gegenteil,welch eine Führungskraft will sich so weit herunterlassen und Bilder knipsen.

Ob MA-Gratulationen vor Ort, Kundenreklamationen, Ehrungen, Preisverleihungen, Sportveranstaltungen, der Hoffotograf Krome ist stets dabei, Alltags, Sonntags, am Tage und in der Nacht. Er reist zu Tagungen und Messen, Grundsteinlegungen und Einweihungen. Als Reporter ehrenhalber, schnippelt er jahrelang mit Kollegen Gunter Kriese, einem freigestellten Betriebsrat das Layout der neuen und aktuellen Mitarbeiterbroschüren zusammen.

So lernt Krome wie sicherlich kein anderer Mitarbeiter, Betrieb, Menschen, Maschinen, Produkte und natürlich auch Marketing und CI kennen und auch lieben.

 

Wieder einige Jahre später ist es Axel Hübeler, Windmüllers derzeitiger Personalschef, der seinem Berufsweg eine völlig neue Richtung gibt. Krome kennt ihn auch durch das private Hobby, als begeisterten Schwarzpulver Schützen.

„Ich halte zwar nichts von unserem neuen und wohl einzigartigem Verbesserungsvorschlagswesen“ meint er voller Überzeugung. Es scheint aber P.G. ´s Hobby zu sein und hier im Betrieb einen hohen Stellenwert. „Du wirst sicher mit dem ganzen aufwendigen Prozedere fertig. Dieser Job scheint auf Dich zugeschnitten zu sein,“ ergänzt er schmunzelnd. P. G. Adoptivsohn vom Alten Gottfried ist nach seinem offiziellen Eintritt im gleichen Jahr, seit kurzer Zeit Windmüllers Geschäftsführender Gesellschafter. Er lässt es sich nicht nehmen und übernimmt persönlich auch Kromes Einführung in die Aufgaben eines so genannten BVW-Beauftragten. Ein eigenes Betriebseigenes Cooperated Design und eine Betriebsvereinbarung gibt es bereits.

 

„Herr Krome, ihre künftige Aufgabe kenne ich aus den USA, beginnt P.G. seine Ansprache im Beisein fast aller Kollegen. Ist alles recht simple. Sorgen sie lediglich für eine stete Unruhe Unruhe im Betrieb.

 

O.k., Unruhe schaffen, das liegt Krome ohne Beweise vor zu legen und bei seiner umfangreichen Praxis wird dies wohl kaum ein Problem für ihn sein. Es macht ihn allerdings nachdenklich, dass es nun zu seiner Aufgabe zählt sich gerade verstärkt mit all den vielen Fach- und Führungskräften an zu legen. Krome weis von seinem Vorgänger, dass sie es waren, die das VV-Wesen gern in ihre Schusslinie nehmen und gern wieder abschaffen möchten.

Als Krome ängstlich auf dieses Ungemach hinweist kommt von P.G. ein äußerst wichtiger wichtige Reaktion. Nur keine Angst Herr Krome, entlassen werden sie nur von mir und weiter: Wenn man uns auch nicht liebt, dann soll man uns wenigstens fürchten. Das sind nun die wichtigsten Vorraussetzungen für den kommenden Erfolg des neuen Amtsinhabers und das gesunde Erreichen seines 40 jährigen Dienstjubiläums.

 

Allen Unkenrufen zum Trotz, das Ideenmanagement wird Windmüllers wohl einmaliges Aushängeschild und über Lippes Grenzen in ganz Deutschland sehr bekannt. Es bekommt Modellcharakter. Wird mehrfach Branchensieger und vielfacher Preisträger. Verdrängt zur großen Freude seiner Obrigkeiten, Siemens und IBM auf die Ränge 2 und 3 in der Bundesstatistik.

Hans Thevissen und Frank Wallbaum werden vom Institut für Betriebswirtschaft (DIB) in Frankfurt als erfolgreichste Einreicher Deutschlands geehrt.

Kromes Beruf wird auch zu seinem Hobby. Er genießt mittlerweile das Privileg, nebenberuflich ein eigenes Beratungsunternehmen zu führen und so reist er fast wöchentlich durch den deutschsprachigen Raum, um über das begeisterte Engagement, und die vielfältige Kreativität der eigenen Mitarbeiter zu berichten. Es erscheint ihm wichtig, den vielen Zuhörern aus Fertigung-, Controlling, Unternehmensentwicklung und Personalmanagement zu überzeugen, dass es sich lohnt neben einer absoluten Kundenorientierung auch den kreativen Menschen als wichtige Recource zu erkennen und in den Mittelpunkt des betrieblichen Geschehens zu stellen um den japanischen Philosophien nach ständiger, innovativer und nie vollendender Verbesserung (Kaizen) zu streben.

* Kai=Veränderung Zen=zum Besseren

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